Prognos Studie zeigt: Schnelles politisches Handeln muss Substanzverlust in der Windindustrie abwenden

 

- Anhaltend schwacher Bruttozubau von Windenergieanlagen an Land würde Wertschöpfung und Beschäftigung der Windindustrie in Deutschland weiter drastisch reduzieren

- Über ein Viertel der Arbeitsplätze der Industrie allein durch Rückgang des Inlandsmarkts in Gefahr

- Bund und Länder müssen zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren BMWi-Aufgabenliste sofort umsetzen und der Flächenbereitstellung Priorität einräumen

 

Frankfurt / Berlin, 25. Oktober 2019 – VDMA Power Systems hat heute eine Studie der Prognos AG veröffentlicht. Sie analysiert die direkten Auswirkungen unterschiedlicher nationaler Zubauszenarien der Windenergie an Land bis zum Jahr 2030 auf Beschäftigung, Inlandsumsatz, Bruttowertschöpfung und Steueraufkommen in Deutschland.

Szenario „Gegenwind“ – 27 Prozent der Arbeitsplätze gefährdet

Demnach würden in einem Szenario mit anhaltenden Genehmigungsproblemen und nur einem Gigawatt (GW) jährlichem Bruttoausbau am deutschen Markt bis 2030 27 Prozent der Arbeitsplätze verloren gehen. Ebenso würde allein durch das rückläufige Inlandsgeschäft die jährliche Bruttowertschöpfung um 700 Mio. Euro (2017: 6,7 Mrd. Euro) in Deutschland, und der jährliche Inlandsumsatz um 8 Mrd. Euro (2017: 26 Mrd. Euro) sinken. Die Lohn- und Umsatzsteuer würde pro Jahr 400 Mio. Euro weniger als 2017 (1,5 Mrd. Euro) betragen. Ausbauzahlen in dieser Größenordnung hätten massive Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Standorte, was nach Einschätzung des VDMA zu einem drastischen Verlust von Exportgeschäft und weiterem Abbau von Beschäftigten führen würde.

Studie betrachtet Kernbereiche der Beschäftigung

Die Studie legt 64.200 Beschäftigte im Jahr 2018 zugrunde. Im Gegensatz etwa zur Studie für das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) beachtet sie nur die Beschäftigung in den Kernbereichen der Onshore-Windenergie - Projektplanung, Forschung, Herstellung, Montage, Betrieb und Wartung. Aus den anderen Betrachtungen lässt sich ablesen, dass weiterführende indirekte bzw. induzierte Effekte auf die Beschäftigung noch einmal das gleiche Volumen darstellen. So kommt die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) auf Basis von Input-/ Output-Analysen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung für das Jahr 2017 auf über 120.000 Beschäftigte im Bereich Windenergie an Land.

Szenario „Politischer Zielpfad“ – Beschäftigtenzahl sinkt um 4 Prozent

Das Referenz-Szenario "Politischer Zielpfad" bildet die im EEG 2017 festgelegten Volumina sowie die Sonderausschreibungen aus dem Koalitionsvertrag ab. Dies sind Ausbauzahlen, die aktuell durch Genehmigungsstau und unzureichende Flächenausweitung für die angepeilten 73 GW bei weitem nicht erreicht werden. Hier wird auch das Ziel von 65 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien im Jahr 2030 deutlich verfehlt. In diesem Szenario sinkt die Zahl der Beschäftigten bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu heute um rund 4 Prozent.

Szenario „Kohleausstieg und 65 Prozent EE“ – 10 Prozent mehr Beschäftigte

Positiver sieht das zum Erreichen der Energie- und Klimaziele nötige Szenario „Kohleausstieg und 65 Prozent Erneuerbare Energien“ aus. Der angenommene Bruttoausbau steigt im Durchschnitt auf 4,7 GW jährlich und resultiert in einem Anstieg der direkt Beschäftigten um 10 Prozent bis 2030 gegenüber 2018. Auch hier rechnet der VDMA mit zusätzlichen Chancen durch höhere Wettbewerbsfähigkeit im Export.

Marktvolumen im Heimatmarkt braucht zuverlässigen politischen Rahmen

 „Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Stagnation im jetzigen Ausbautal mit seinen dramatischen volkswirtschaftlichen Auswirkungen auf Beschäftigung und Wertschöpfung dringend überwunden werden muss. Der langfristige Erhalt der Technologie- und Innovationsführerschaft der Windindustrie am Standort Deutschland erfordert Marktvolumen im Heimatmarkt. Hierfür braucht die Industrie zuverlässige politische Rahmenbedingungen. Die Projektpipelines sind ja nicht leer, aber ihre Umsetzung verlangt die zügige Bewältigung der Genehmigungshemmnisse“, kommentierte Dr. Wolfgang Dierker, Vorsitzender der Geschäftsführung der GE Deutschland Holding, die die Durchführung der Studie unterstützt hat.

Investitionen in Inlandsmarkt stabilisieren

„Die vorliegende Studie berechnet nur die Auswirkungen in den Kernbereichen durch die Inlandsmarktentwicklung - die Realität ist allerdings noch gravierender! Ist der Standort unattraktiv, verlagert sich Geschäft in die attraktiven Märkte, das betrifft auch die Produktion für den Export“, sagte Matthias Zelinger, Geschäftsführer VDMA Power Systems. Gemäß einer aktuellen Umfrage des Fachverbands hat sich die Planung bei 57 Prozent der Unternehmen deutlich in Richtung der aktuell boomenden Auslandsmärkte verändert. 30 Prozent halten Investitionen zurück oder planen keine neuen Projekte, und 43 Prozent planen einen Rückgang der Beschäftigtenzahlen in Deutschland ein.

Forderungen der Windindustrie liegen auf dem Tisch

Die Forderung der Industrie ist klar: „Schnellere rechtssichere Genehmigungen, zusätzliche Flächenausweisung für Windenergieprojekte und die Anpassung des Ausbaupfads zur Erreichung des 65 Prozent-Ziels! Das BMWi hat eine Aufgabenliste vorgelegt - mit Ausnahme der wenig intelligenten pauschalen Abstandsregelung ist sie sehr sachgerecht und muss jetzt zusammen mit der gesamten Regierung und den Bundesländern schnell und verbindlich umgesetzt werden. Außerdem muss das unzureichende Ausbauziel im Klimaschutzpaket der Bundesregierung korrigiert werden, sonst ist die nächste Zielverfehlung schon vorprogrammiert“, betonte Matthias Zelinger. „Die Annahme, dass man eine Industrie je nach Stimmung und Wahlterminen einfach ab- und vor allem wieder anschalten kann, muss raus aus den Köpfen!“

 

 

Downloads

VDMA_PS_PI_Wertschöpfungsstudie_2019-10-25_DE_FINAL_NEU_1572013895684.pdf

(179,5 kB)

2019-10-23_Prognos_Kurzstudie_Windkraft_1571991481051.pdf

(346,1 kB)